LAG Hessen: Kündigungsschutzklage auch nach Kündigungswunsch des Arbeitnehmers nicht treuwidrig

So geht es nicht...

Auch ein mündlich geäußerter Wunsch des Arbeitnehmers gekündigt zu werden, macht die nach erhaltener Kündigung erhobene Kündigungsschutzklage nicht treuwidrig. Warum Arbeitgeber gut beraten sind, auch bei einem Kündigungswunsch der Arbeitnehmer*innen einen Aufhebungsvertrag zu schließen oder auf eine schriftliche Kündigung zu bestehen, lesen Sie hier.

LAG Hessen, Urteil vom 9.12.2019 – 16 Sa 839/19    

Sachverhalt

Die Beklagte betreibt ein Autohaus und beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer*innen. Der Kläger war dort seit dem 2. Mai 2018 als Serviceberater beschäftigt. Mit Schreiben vom 15. November 2018 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 15. Dezember 2018, wogegen sich die erhobene Kündigungsschutzklage richtet.

Die Beklagte wandte ein, dass es sich um eine Wunschkündigung durch den Kläger selbst gehandelt habe. Nachdem dem Kläger am 6. November 2018 mittags der begehrte Urlaub nicht genehmigt wurde, sei der Kläger nach reiflicher Überlegung gegen Feierabend an die Geschäftsführerin herangetreten, mit der Bitte um Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Ab dem 7. November 2018 sei der Kläger auch nicht mehr zur Arbeit erschienen. Die Beklagte vertrat deshalb die Ansicht, der Kläger handele rechtsmissbräuchlich, wenn er sich nun gegen die erbetene Kündigung wende.

Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt.

Entscheidung

Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das LAG begründete seine Entscheidung damit, es käme einem unwirksamen Vorausverzicht auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage gleich, würde man den Arbeitnehmer an seinem Kündigungsverlangen festhalten und ihm die Möglichkeit der Kündigungsschutzklage abschneiden. Es stellte einen Wertungswiderspruch dar, würde man den Wunsch, gekündigt zu werden, als Klagehindernis akzeptieren. Der Arbeitnehmer wäre im Hinblick auf das für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltende Schriftformerfordernis (§ 623 BGB) bei einem mündlich geäußerten Wunsch nach einer Kündigung dann weniger geschützt als bei einer von ihm selbst ausgesprochenen Kündigung.

Der Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe die Kündigung selbst veranlasst („Wunschkündigung“) und diese sodann in rechtsmissbräuchlicher Weise angegriffen, träfe nicht zu. Selbst wenn der Kläger geäußert haben sollte, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mache keinen Sinn, woraus die Beklagte einen entsprechenden Wunsch ableitet, hinderte ihn dies nicht, die seitens der Beklagten ausgesprochene Kündigung arbeitsgerichtlich anzugreifen.

Fazit

Mündliche Erklärungen von Arbeitnehmer*innen, nach denen das Arbeitsverhältnis auf ihren Wunsch beendet werden soll, haben keine rechtliche Wirkung, die zu einer wirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen können. Weder eine mündliche Eigenkündigung noch eine Erklärung, der Arbeitgeber möge kündigen, reichen an sich dazu aus, dass der Arbeitgeber sich später in einem Kündigungsschutzverfahren erfolgreich damit verteidigen könnte. Um eine rechtssichere Beendigung herbeizuführen, sollte entweder eine vom Arbeitnehmer unterzeichnete schriftliche Kündigungserklärung vorliegen oder ein Aufhebungsvertrag geschlossen werden.


 


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