BAG: Unterschiedliche Zuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit sind möglicherweise unionsrechtswidrig

Nachtarbeit = Nachtarbeit?

Das BAG legt dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob tarifvertragliche Regelungen mit Unionsrecht vereinbar sind, die für unregelmäßige Nachtarbeit einen höheren Ausgleich vorsehen als für regelmäßige Nachtarbeit.

BAG, Beschluss vom 09.12.2020 - 10 AZR 332/20 (A)

Sachverhalt

Im Streitfall findet der Manteltarifvertrag der Erfrischungsgetränke-Industrie auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Der Tarifvertrag regelt, dass der Zuschlag für regelmäßige Nachtarbeit 20% und für unregelmäßige Nachtarbeit 50% der Stundenvergütung beträgt. Die Klägerin leistete Nachtarbeit in einem Schichtmodell und erhielt dafür einen Zuschlag von 20%. Sie ist der Auffassung, die unterschiedliche Höhe der Nachtarbeitszuschläge verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung bestehe nicht.

Nachdem das Arbeitsgericht in erster Instanz die Klage abgewiesen hatte, gab die Berufungsinstanz der Klage teilweise statt.

Entscheidung

Das BAG vermochte die Sache nicht zu entscheiden, ohne den EuGH um Klärung unionsrechtlich relevanter Fragen zu bitten. Der EuGH soll nun klären, ob tarifvertragliche Regelungen der Arbeitszeitrichtlinie entsprechen, wenn sie unterschiedlich hohe Zuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit enthalten. Der EuGH soll außerdem die Frage beantworten, ob eine tarifvertragliche Regelung gleichbehandlungswidrig ist, die für unregelmäßige Nachtarbeit einen höheren Zuschlag vorsieht, wenn damit neben den gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Nachtarbeit auch Belastungen wegen der schlechteren Planbarkeit der Arbeitszeit ausgeglichen werden sollen.

Fazit

Die nun dem EuGH vorgelegten Fragen waren bereits zuvor Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung. So hatte das BAG in einer Entscheidung aus dem Jahr 2013 zunächst festgestellt, dass Tarifregelungen über einen höheren Zuschlag für Nachtarbeit als für Nachtschichtarbeit unter Gleichheitsgesichtspunkten unbedenklich seien. Im Jahr 2018 machte das BAG dann eine Kehrtwendung und entschied, dass ein tarifvertraglicher Zuschlag für Nachtarbeit in Schichtarbeit nicht geringer bemessen werden dürfe als für sonstige Nachtarbeit, da die Schädlichkeit der Nachtarbeit mit ihrem Umfang zunehme. Insofern bleibt abzuwarten, inwieweit das BAG – je nach Ausgang der Vorabentscheidung durch den EuGH – zu seiner ursprünglichen Rechtsprechung zurückkehrt und höhere Zuschläge für unregelmäßige Nachtarbeit wieder zulässt.


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